Folge 35 | Ein Modelabel mit Mission

Wir entwickeln Potenziale und das beginnt mit der Wertschätzung unserer Mitarbeiter:innen

Heute zu Gast bei mir ist Lotte Erhorn, sie ist die Mitbegründerin von Bridge & Tunnel, einem Modelabel, das auf Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung setzt. Das ganze fällt in die Kategorie Social Business, also ein Wirtschaftsunternehmen, das neben der Realisierung von Gewinnen, gleichzeitig einen sozialen Beitrag leistet.

B&T hat auf der schönen Elbinsel Wilhelmsburg im Süden Hamburgs eine Produktionswerkstatt mit ganz vielen Nähmaschinen. Dort arbeiten Männer und Frauen und nähen aus Alttextilien, insbesondere Jeans, neue Sachen, denen man ihr Vorleben nicht ansieht. Die Mitarbeitenden sind an den Nähmaschinen echte Profis, können das aber nicht durch Diplome oder ähnliches nachweisen. Viele von ihnen konnten lange Zeit keine Arbeit finden, weil sie keine Ausbildung in Deutschland gemacht haben oder die Sprache nicht richtig beherrschen oder Familie und Kinder zu versorgen haben. Multiple Gründe spielen da mit rein. Hemmnisse, die ihnen den Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt schwer gemacht haben.

Lotte und Conni haben in ihren Mitarbeitenden ein enormes Potenzial erkannt, nämlich die ganze Praxis, die diese aus ihren Heimatländern mitbringen, wo sie zum Teil schon von Kindesbeinen an genäht haben.

B&T fertigt Produkte, die online oder über verschiedene Shops verkauft werden. Inzwischen haben sie eine große Infrastruktur aufgebaut, über die sie ihre Stoffe bekommen. Gerade das Design ist der Schlüssel zum Erfolg, denn man sieht den Stücken nicht an, dass sie aus alten Jeans gefertigt wurden. „Das was wir da machen, kostet auch viel Arbeit, die wir reinstecken, aber wir bekommen viel viel mehr heraus. Denn es ist nicht einfach auf dem deutschen Arbeitsmarkt so qualifizierte Mitarbeiter:innen zu bekommen.“

Lotte und Conny berichten gerne von ihrem Erfolgskonzept, denn sie sind überzeugt, dass es auch für andere Branchen möglich ist, verborgene Potenziale zu nutzen. Sie beschäftigen ihre Mitarbeiter:innen nicht nur, weil sie ein großes Herz haben, sondern weil sie genau das brauchen, was ihre Kandidat:innen mitbringen.

Wir reden über Hürden des deutschen Systems, um Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt zu bekommen und darüber, wie Lotte und Conny schließlich ihre Mitarbeiter:innen rekrutieren können.

Für die Bewerber:innenauswahl veranstalten sie so eine Art Näh-Assessmentcenter mit den Fragestellungen: Wie können die mit unseren Maschinen umgehen, wie können sie sich mit anderen trotz Sprachbarriere verständigen und passen sie ins Team.

Damit die Kandidat:innen sich zeigen können, braucht es jedoch auch Praktika. Denn nicht jede Person bringt gleich das Selbstbewusstsein mit, sich mit seinem Talent zu zeigen. „Hierfür ist eine Atomsphäre wichtig, in der man sich öffnen kann“, weiß Lotte. Als Unternehmerin lässt sie sich auf die Menschen ein und fragt sich „Was kann ich denen geben, damit sie Lust haben hier zu arbeiten.“

Was kann ich denen geben, damit sie Lust haben hier zu arbeiten?

Diese Frage stellt sich Lotte als Arbeitgeberin

Nachdem Lotte in ihrem eigenen Berufsleben als junger Mensch viele für sie schreckliche Erfahrungen gemacht hat, ist sie der festen Überzeugung, dass man sich am Besten entfalten kann, wenn man sein kann wie man ist und zeigen darf, was man kann.

Wir erfahren den beruflichen HIntergrund von Lotte und wie sie (gemeinsam mit ihrer Geschäftspartnerin) dazu kam das Label Bridge & Tunnel zu gründen. Ihre erste Ausbildung zur Schneiderin bricht sie ab – es ist schrecklich dort. Und entschließt sich dazu Textildesign zu studieren. Nach dem Studium macht sie sich selbstständig und bekommt ihren ersten Job als Interior Stylistin bei einem Magazin. Diese Arbeit macht ihr richtig Spaß. Als sie Mutter von zwei Kindern wird, verträgt sich jedoch der Arbeitsstil mit viel Stress und langen Tagen nicht mehr mit ihrem Privatleben. Lotte sehnt sich nach einer Anstellung in Teilzeit.

Auf Facebook sieht sie den Post einer alten Bekannten, die mit ihr gemeinsam einen Coworkingspace für’s Nähen in Willhemsburg aufbaut. Das ist der Moment, in dem Conny und Lotte zusammen kommen. Sie schreibt ihr: Conny, du suchst mich!

Die beiden werden Co-Gründerinnen und bauen das Geschäft auf. Bis ihnen drei Jahre später zu Ohren kommt, dass es nebenan eine Gruppe von Frauen gibt, die jeden Mittwoch Vormittag ihre Nähmaschinen ins Gemeindehaus einer Mosche schleppen, um dort zu nähen. Lotte und Conny sind ganz beeindruckt von den Kleidungsstücken, die dort jeden Mittwoch entstehen. Und so entsteht die Idee. Sie wollen Designer:innen mit Näher:innen zusammen bringen, um deren Kollektionen zu nähen. Als ersten Use-Case beschließen die Geschäftsfrauen, eine eigene Kollektion zu gestalten und nähen zu lassen. Die Idee erweitert sich noch, als sie auf den Gewerbehof aufmerksam werden, der Alttextilien verarbeitet und entsorgt. Sie wollen ihre erste Kollektion aus Jeans-Stoff nähen. Und dabei bleiben sie dann auch.

Das hätte man nicht planen können.

Lotte über die Entstehung ihrer Gründungsidee

„Irgendwie sind drei unterschiedliche Stränge in dem Coworking-Space zusammen gekommen. Das hätte man nicht planen können.“

Im Laufe der Zeit haben sich die beiden Frauen eine Upcyclingexpertise angeeignet, die inzwischen auch von großen Unternehmen gerne in Anspruch genommen wird. Und so kommen hier und da auch noch manchmal weitere Aufträge als für das eigene Modelabel hinzu.

Wir bekommen in diesem Gespräch interessante Einsichten über die Möglichkeit als Unternehmen einen Beitrag für die Gesellschaft und Umwelt zu leisten. Und lernen, welche Umweltbelastung durch den Textilkonsum entstehen.

„Wir wollen nicht alle Menschen auf der Welt überzeugen noch mehr zu kaufen, aber wir wollen eine Verbindung schaffen und eine Geschichte zu unseren Produkten erzählen. Es ist uns wichtiger, dass die Menschen bewusst kaufen, als dass sie noch das nächste Kleidungsstück kaufen.“

Darüber wie man dem Impuls widerstehen kann, wahllos einzukaufen haben Lotte und Conny auch eine eigene Podcastfolge. (Hier nachhoren im Podcast Talk Slow)

In diesem Gespräch streifen Lotte und ich viele unterschiedliche Aspekte von Arbeit, Selbstständigkeit, Verkaufsprozessen, Fast Fashion, Slow Fashion und wie sie in ihre Rolle als Geschäftsführerin eines Unternehmens reingewachsen ist. Ihr großes Ziel ist es, sich ersetzbar zu machen.

Das was wir machen ist eine Kleinigkeit. Wir machen keine verrückten Sachen!

Lotte Erhorn

Und nach einigen thematischen Ausflügen landen wir dann doch wieder beim Thema Arbeitsleben und dieser schönen Erinnerung für uns alle: „Eine wertschätzende Erwerbstätigkeit strahlt auch in den Rest des Lebens. Wir machen eigentlich nicht viel anders. Wir machen es so nett und gut wie möglich.“

Über Lotte Erhorn von Bridge & Tunnel

Lotte ist eine der zwei Gründerinnen von Bridge&Tunnel. Mit einer abgebrochenen Ausbildung zur Schneiderin, einem vollendeten Studium in Textildesign und einer guten Ladung Berufserfahrung, gründet sie 2016 ein Social Business, das verschiedene Welten vereint. Lotte ist im Unternehmen die Expertin für das Design und die Produktion. Mit ihrer Kollegin verbindet sie unter anderem ihre große Motivation, mit kleinen Schritten die Welt ein bisschen besser zu machen.

Links und Credits

Credits für Musik: Music from Uppbeat (free for Creators!)
https://uppbeat.io/t/sonda/were-in-it-together

Zum Selbstcoaching-Programm 21 Tage zur Gelassenheit: bit.ly/Gelassenheit-Kompakt

Zum Kurs 5 Lebensstärken, die du in der Schule nicht lernst kommst du hier: bit.ly/5Lebensstärken

Credits für Musik: Music from Uppbeat (free for Creators!)
https://uppbeat.io/t/sonda/were-in-it-together

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